Friday, August 3, 2018

Die Situation der Frau in Deutschland

Artikel aus dem Klassenstandpunkt #1.

Die Situation der Frau in Deutschland

Als Erstes ist festzuhalten, dass unsere Analyse der Situation der Frau in Deutschland ein kleiner Anfang und noch lange nicht abgeschlossen ist. Denn zum Einen gibt es in der BRD nach wie vor sehr große regionale Unterschiede. Zum Anderen ist diese ausführliche Untersuchungsarbeit die Aufgabe der momentan in Deutschland nicht existierenden Kommunistischen Partei und kann nur von ihr zugenüge gemacht werden. Da uns keine eigene ausreichende Analyse zugrunde liegt, arbeiten wir vorerst mit Zahlen der bürgerlichen Medien, Wissenschaftler und Studien. Dabei müssen wir im Kopf behalten, dass diese Zahlen teilweise widersprüchlich und immer geschönt sind, dass lange nicht alles erfasst wird, z.B. sogenannte „Illegale“ Migrantinnen und nicht gemeldete Vorfälle; so entsteht eine Dunkelziffer, die weitaus höher ist. Dazu kommt, dass diese Statistiken, Zahlen, Aussagen und Medien immer den Interessen der herrschenden Klasse dienen. Trotzdem können wir, auf Grundlage der Ideolo­gie des Proletariats, dem MarxismusLeninismus-Maoismus, hauptsächlich Maoismus und anhand der Zahlen und Aussagen, die uns zur Verfügung stehen, wichtige Feststellungen machen. Wir werden einige hier präsentieren. Die wichtigste ist, dass die Frau hier in Deutschland aktuell doppelt unterdrückt und ausgebeutet ist. Und dass die bürgerliche Weltanschauung über die Situation der Frau mit der Entwicklung des Imperialismus zunehmend reaktionärer und die soziale, wirtschaftliche, politische und ideologische Unterdrückung verstärkt wird, auch wenn der Imperialismus sie auf viele Arten beschönigt und verschleiert.
Doppelte Unterdrückung und Ausbeutung
Die Frau ist vom Kapital und vom Patriarchat unterdrückt und ausgebeutet, diese beiden Ausbeutungs- und Unterdrückungsformen gehen Hand in Hand und sind unlösbar miteinander verbunden. Konkret zeigt sich Bild 1das in Deutschland sehr deutlich, wenn man sich die ökonomische Situation von Frauen anguckt. Frauen verdienen durchschnittlich mehr als 20% weniger als Männer und arbeiten fünf mal so häufig – jede zweite erwerbstätige Frau – in Teilzeit. Das heißt, Frauen, vor allem Arbeiterinnen, sind auf einem weitaus höherem Niveau ausgebeutet und unterdrückt als Männer.

Dazu kommt die unbezahlte Reproduktionsarbeit, die zum größten Teil von Frauen geleistet wird. Diese beinhaltet u.a. Hausarbeit, Kindererziehung und die Pflege von kranken oder alten Familienmitgliedern. Ein riesiger Berg an Arbeit, den Frauen zusätzlich zur Lohnarbeit bewältigen. Dass Frauen diese Reproduktionsarbeit unbezahlt leisten, ist für das imperialistische System und sein Fortbestehen notwendig. Denn so wird innerhalb der Familie die Ware Arbeitskraft zu dem geringstmöglichen Preis reproduziert. Der Preis, den die Frauen dafür bezahlen, ist weitaus höher. In der ersten Grafik sieht man deutlich, dass die Lohnunterschiede ab dem Alter, in dem Frauen Kinder gebären, steigen. Hinzu kommt, dass Frauen besonders häufig in den sogenannten sozialen Berufen arbeiten, welche sich durch auffällig schlechte Bezahlung und erschreckende Arbeitsbedingungen auszeichnen. Schlechte Chancen eine Festanstellung in Vollzeit zu bekommen werden häufig mit bestehender oder möglicher Mutterschaft begründet. Andererseits bedingt sich die Entscheidung, dass die Frau geringfügig arbeitet und mehr zu Hause ist als der Mann durch die schlechtere Bezahlung und Gesetzen wie dem Steuergesetz, mit dem Prinzip des Ehegattensplittings. Welches in seiner Konsequenz dazu führt, dass der Ehepartner, der weniger verdient – also meistens die Frau – so wenig wie möglich verdient, um die gemeinsam zu zahlenden Steuern möglichst gering zu halten.Die folgende Grafik aus der Broschüre „Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt – Deutschland und Europa“, 2012 vom Statistischen Bundesamt herausgegeben, soll die beschriebene Problematik von Teilzeit und Reproduktionsarbeit verdeutlichen. Die ökonomische Unterdrückung und Ausbeutung und die unbezahlte Reproduktionsarbeit bestehen in Wechselwirkung. Sie führen zum Einen zu ökonomischer Abhängigkeit der Frau gegenüber dem Mann und manifestieren die patriarchalen Verhältnisse innerhalb der Familie. Zum Anderen führen sie zur Isolierung der Frau, denn die Reproduktionsarbeit verbannt die Frau in die Vier Wände des Haushaltes. Die Entwicklung der Frau im Klassenkampf wird dadurch gehemmt, dass sie sich nur im geringeren Maße am Produktionsprozess beteiligen kann und ihre Zeit mit nervtötender und kraftraubender Haus- und Erziehungsarbeit vergeuden muss.
Bild 2
Politische und moralische Unterdrückung
Auf die ideologische Legitimierung der Unterdrückung der Frau, die sogenannte „Theorie der minderwertigen weiblichen Natur“, werden wir in diesem Artikel nicht vertieft eingehen, sie dafür in einem folgenden ausführlich behandeln. Sie ist Teil der „Theorie der menschlichen Natur“ und versteht die „weibliche Natur“ sowie die „menschliche Natur“ im allgemeinen mit einer ewigen und unveränderlichen Essenz. Der „weiblichen Natur“ wird noch das Adjektiv „minderwertig“ hinzugefügt. Sie wurde seit Beginn der Ausbeutung von den Ausbeuterklassen gepredigt, um zu belegen, dass die Frau, ihre Unterdrückung und Vormundschaft, ein Produkt ihrer „natürlichen Unterlegenheit gegenüber dem Mann“ sei. Mit dieser Pseudotheorie wurde und wird versucht die Unterwerfung der Frau aufrechtzuerhalten und „rechtzufertigen“. Wir lehnen diese idealistische Pseudotheorie und alle ihre Ausdrücke von Grund auf ab und halten es für eine unumgängliche Notwendigkeit sie zu bekämpfen. Die politische und moralische Unterdrückung baut sich auf der Pseudotheorie der „minderwertigen Natur“ der Frau auf. In den Begründungen, die die bürgerlichen Medien für die massive Ausbeutung der Frau auf ökonomischer Ebene liefern, sieht man deutlich die reaktionäre bürgerliche Ideologie, die sich in der „Theorie der minderwertigen weiblichen Natur“ ausdrückt: Frauen seien zu bescheiden, mit weniger Gehalt zufrieden. Sie würden eine „falsche Jobwahl“ machen, da sie „freiwillig“ in die schlecht bezahlten „typischen Frauenberufe“ gingen. „Viele Frauen studieren lieber Literatur als Ingenieurwesen, werden lieber Erzieherin als Facharbeiter“ (Spiegel 4/13, Artikel Gleichberechtigung Placebo-Politik) oder sie hätten keine Lust auf Machtspiele. Die Benachteiligung durch die umsonst geleistete Reproduktionsarbeit wird eher nebenbei genannt. In einem Artikel „21.03.2013 Equal Pay Day– Zehn Gründe warum Frauen weniger verdienen“ im Spiegel-Online 16.04.2012 finden wir auf Platz 8:
Berufspausen: Großen Einfluss auf die Höhe der Gehaltsunterschiede haben die beruflichen Unterbrechungen, die Frauen einlegen, wenn sie in die sogenannte Familienphase eintreten, also Kinder bekommen und großziehen. Sie erreichen deshalb keine so lange Betriebszugehörigkeit wie Männer, der ein oder andere Bonus geht flöten. Das Bundesfamilienministerium weist in seiner Entgeltstudie nach, dass Frauen nach einer Babypause häufig nicht auf der gleichen Gehaltsstufe wie früher beginnen. Sie werden zurückgestuft oder müssen sich mit Teilzeitjobs und freiberuflichen Tätigkeiten arrangieren. Forscher Bispinck: „Frauen in Teilzeit wird unterstellt, dass sie weniger leisten.“
Zusätzlich wird Frauen Apolitismus und Passivität anerzogen, was ihre Entwicklung zu Revolutionären verhindern soll. Denn die Ausbeuterklassen haben schon früh gelernt, dass Unterdrückung Widerstand hervorruft. Durch die doppelte Unterdrückung und Ausbeutung haben Frauen doppelten Grund zu kämpfen. Die Geschichte und die Gegenwart zeigen, dass Frauen im revolutionären Kampf immer eine besondere Rolle gespielt haben und spielen werden. Dazu ein Zitat aus dem Dokument „Der Marxismus, Mariátegui und die Frauenbewegung“: „Der Fortschritt der Frauen war und ist der Fortschritt des Volkes. Aber sie waren nicht passive Begünstigte, sondern Schwestern in Waffen, entschiedene Kämpferinnen für die Sache der Unterdrückten und Militante der ersten Reihe. Die Schützengräben des Volkes sind überall auch mit der Farbe ihres unauslöschlichen Blutes gefärbt. […] Die Frau, im Besonderen die aus dem Volke, ist eine revolutionäre Kämpferin. […] Die Frau mit Klassenbewusstsein ist eine unermüdliche Kämpferin und eine entschlossene Militante“.
Darum wird Frauen immer wieder versucht weißzumachen, dass sie bereits emanzipiert sind, dass sie alle Möglichkeiten, ein gleichwertiges Leben zu führen, haben. Dass sie, wenn sie sich genug anstrengen, Familie und Karriere unter einen Hut bringen können. Das alles zielt auf individuelle Lösungen und Reformismus hin. Wir sehen in diesen Konzepten keine Ansätze für Lösungen, sondern das Aufrechterhalten des bestehenden imperialistischen Systems. Wir sind der Meinung, dass Lenin diesbezüglich die richtigen Worte formuliert hat: „Die Vertreter aller Freiheitsbewegungen in Westeuropa fordern schon seit langem, nicht erst seit Jahrzehnten, sondern seit Jahrhunderten, die Abschaffung dieser veralteten Gesetze und die gesetzliche Gleichstellung der Frau mit dem Mann. Aber keinem der demokratischen Staaten Europas, keiner der fortgeschrittensten Republiken ist es gelungen, dies zu verwirklichen, weil dort, wo der Kapitalismus besteht, wo das Privateigentum an Grund und Boden, das Privateigentum an Fabriken und Werken fortbesteht, wo das Kapital noch seine Macht ausübt, die Privilegien der Männer erhalten bleiben“. (Lenin, Über die Aufgaben der proletarischen Frauenbewegung in der Sowjetrepublik, S. 23f)

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