Tuesday, February 12, 2019

Austria - DISKUSSION: „Nur der Volkskrieg schlägt den Faschismus!“


·


DISKUSSION / THEORIE
Anlässlich des 12. Februars 1934, dem Tag als in Österreich die bewaffneten Kämpfe der ArbeiterInnen gegen den Austrofaschismus begannen, wollen wir zur Diskussion einen Artikel des Rot Front Kollektives teilen. Der Artikel behandelt die Frage was Faschismus eigentlich ist und welche historischen Formen des bewaffneten Kampf dagegen entwickelt wurden, wie es 1934 in Österreich die ArbeiterInnen unter Führung der damals revolutionären KPÖ taten. Er zeigt die unterschiedlichen Positionen in Fragen des Faschismus, Antifaschismus, sowie Aspekte des Volkskrieges.

Nur der Volkskrieg schlägt den Faschismus!

So wie weltweit ein Anwachsen der ArbeiterInnen- und Volkskämpfe zu beobachten ist – sowohl die organisierten als auch die spontanen Massenbewegungen nehmen international einen Aufschwung – so ist demgegenüber auf Seiten der imperialistischen Bourgeoisie und ihrer Kompradoren in den kolonial unterdrückten Ländern eine Stärkung des offenen Faschismus und die immer direktere Anwendung faschistischer Herrschaftsmethoden zu beobachten. Wenn wir uns diesbezüglich auf Europa konzentrieren, so sehen wir – um nur einige Beispiele zu nennen – in Griechenland die Goldene Morgendämmerung, in Frankreich die Nationale Front, in Ungarn die Bewegung der Jobbik und des Premiers Orban, in Holland die Partei der Freiheit und nicht zuletzt in Österreich die FPÖ. Das Anwachsen faschistischer Kräfte bedeutet dabei nicht, dass sie sich überall der gleichen Methoden der politischen Organisierung, der gleichen Hetze oder der gleichen Demagogie bedienen würden. Dies ist tatsächlich sehr unterschiedlich und hängt von tausenderlei Faktoren ab – wie der ideologischen Tradition der faschistischen Bewegung eines Landes, der historischen Entwicklung der Klassenkämpfe, der Stärke der ArbeiterInnen- und Volksbewegung, dem konkreten Verlauf der Krise der Herrschenden eines Landes, davon ob es sich um ein imperialistisches, oder um ein kolonial unterdrücktes Land handelt, usw.

Von einer marxistischen Analyse ausgehend ist es absolut falsch, den heute in einem neuen, in einem der konkreten Lage angepassten Gewand auftretenden Faschismus, nur an seinen geschichtlichen Vorfahren messen zu wollen – sowohl was seine ideologischen Gebäude betrifft, als auch seine politischen Konzeptionen. Immerhin bedeutet Faschismus die „Macht des Finanzkapitals selbst“, insbesondere der „reaktionärsten, aggressivsten und chauvinistischsten Elemente“ (G. Dimitroff), was jedoch nicht zur revisionistischen Deutung verleiten sollte, dass es „progressive“ Elemente des Finanzkapitals gäbe, sondern nur zur Einsicht bringen soll, dass es auch innerhalb der Bourgeoisie Widersprüche (wenn diese auch nicht grundsätzlicher Natur sind) gibt und nicht jeder Teil der Bourgeoisie immer die gleichen Einzelmethoden der Unterdrückung favorisiert (auch innerhalb der Nazis gab es solche Widersprüche, beispielsweise über den richtigen Zeitpunkt eines Kriegsbeginns gegen die Sowjetunion). Die „Macht des Finanzkapitals selbst“ jedoch, das ist der absolute Inhalt des Faschismus, also das, was den Ausgangspunkt einer konkreten Analyse bilden muss, und nicht die spezifischen Ausprägungen seiner jeweils konkreten Herrschaft. Von besonderer ideologischer Bedeutung für das Verständnis dessen was Faschismus ist und wie breit er in den Methoden seiner Herrschaft aufgestellt sein kann, erscheint uns hierzu außerdem, dass er nicht bloß auf die Frage der direkten Gewalt zu reduzieren ist, sondern, wie schon von dem wichtigen Antifaschisten Georgi Dimitroff betont wurde, der Faschismus seine Herrschaft über einen „gewissen Zeitraum“ durchaus auch auf „parlamentarischem Weg“ ausüben kann. Wie lange dieser gewisse Zeitraum ist, hänge von den konkreten politischen Bedingungen ab, so Dimitroff und andere Vertreter der Kommunistischen Internationale (Dritte Internationale).

Ob sich der Faschismus nun parlamentarischer Mehr-Parteien-Systeme, oder dem direkten Terror als Methode zuwendet: der zu beobachtende Aufstieg des Faschismus in seinen „zivilen“ und paramilitärischen Formen ist Resultat der sich verschärfenden Widersprüche innerhalb des imperialistischen Weltsystems, vor allem des Widerspruchs zwischen unterdrückten Völkern und Nationen zum Imperialismus, sowie des Proletariats zum imperialistischen Kapital. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass es offensichtlich stark von den Klassenkämpfen und der Stärke der ArbeiterInnenbewegung eines Landes abhängt, ob der Faschismus auch offen seine paramilitärischen Formen entwickelt, oder – bei gegebener Schwäche des Proletariats – sich wesentlich auf seine politisch-„zivilen“ Formen konzentriert (wie es beispielsweise am Unterschied zwischen der Goldenen Morgendämmerung und der FPÖ nachzuvollziehen ist). Zu welchen Formen der Faschismus in den konkreten Situationen auch immer greift, gemeinsam ist ihm, dass er vor dem Hintergrund der genannten Widersprüche als Antwort der Bourgeoisie auf die ArbeiterInnenbewegung entwickelt wird. Bei all den Unterschieden die es unter den Faschisten in verschiedener Hinsicht geben mag, bleibt ihnen allen ihr rabiat antiproletarischer Charakter gemeinsam. Daher ist es zu kritisieren, wenn heute gegen Faschisten vor allem unter jenen Aspekten mobilisiert wird, die zwar Bestandteile des Faschismus sind, jedoch nicht den Klasseninhalt, seinen Hauptcharakter bestimmen. Natürlich kann es richtig sein festzustellen, dass der Faschismus sexistisch ist, dass er homophob ist und oft antisemitisch. Doch das alles sind Elemente faschistischer Ideologie, die – je nach konkretem Faschismus – unterschiedlich stark gewichtet sind, vor allem jedoch ist er ideologisch die vollkommene Antithese zur ArbeiterInnenbewegung, und das ist es, was ihn wesentlich ausmacht.
Falsche Antworten auf den Aufstieg des Faschismus.
Über die Frage des Antifaschismus und der Ausrichtung des Kampfes gegen den Faschismus muss im Proletariat und den Massenbewegungen Klarheit erkämpft werden, darüber besteht wohl kein Zweifel. Dieser Klarheit stehen jedoch nicht nur die offenen Reaktionäre selbst im Weg, sondern allzu oft auch solche Kräfte, die unter „linker“ Fahne auftreten. So gibt der Reformismus – ebenso wie der Revisionismus in seiner rechtsopportunistischen Form – vor, dem Faschismus auf dem Weg der Wahlen Einhalt gebieten zu können. Der Marsch durch die Institutionen wie Parlament, Arbeiterkammer, etc. soll nach dieser Ansicht etwas gegen den aufsteigenden Faschismus ausrichten können. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Einrichtungen die dem Proletariat dienen können, sondern um Institutionen des imperialistischen Systems selbst, das den Faschismus nicht in Widerspruch zu sich hervorbringt, sondern Konsequenz seiner Herrschaft. Das Keilen um Wahlstimmen in den Einrichtungen des Systems, wo nach „antifaschistischen“ Nischen gesucht wird, steht in Widerspruch zur demokratischen und revolutionären Mobilisierung und Organisierung des Proletariats. Sich in der „antifaschistischen Arbeit“ auf Einrichtungen des Systems zu konzentrieren, zeigt in Wahrheit deutlich auf, dass auch Reformismus und Revisionismus antiproletarischen Charakter tragen und nichts davon wissen wollen, die ArbeiterInnenklasse im Kampf um die Macht zu führen, wie es Marx und Engels den KommunistInnen im Manifest der Kommunistischen Partei jedoch zur Aufgabe gemacht haben. Ebenso verhält es sich damit, dass dem Aufstieg des Faschismus eine Verstärkung der gewerkschaftspolitischen Arbeit entgegenzusetzen sei. An sich ist nichts dagegen einzuwenden, dass Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Bestandteile des antifaschistischen Kampfes sind, im Gegenteil, sie sind es sogar absolut notwendiger Weise. Typischerweise stellen Reformismus und Revisionismus jedoch die gewerkschaftslegalistische Arbeit im Rahmen des ÖGB oder der AK als „Gewerkschaftsarbeit“ hin, obwohl es sich doch tatsächlich um die Gewerkschaftsbürokratie handelt, die Teil der Unterdrückung der ArbeiterInnenklasse ist, und nicht um gewerkschaftliche Einrichtungen als Form der Massenorganisationen des Proletariats. Der Marxismus lehrt, dass der antifaschistische Kampf elementarer Bestandteil dessen sein muss, wie die KommunistInnen den Klassenkampf führen. In den Betrieben, AMS-Stellen, usw. muss also eine korrekte antifaschistische Linie entwickelt werden die es ermöglicht, den Kampf des Proletariats weiter zu entfalten und die den strategischen Zielen der Klasse dient. Die Frage des Kampfes gegen den Faschismus in den Betrieben ist von überragender Bedeutung, doch es geht dabei um eine klassenbewusste, kämpferische Ausrichtung und nicht um die Teilnahme an den Einrichtungen, die der Imperialismus dem Proletariat als angebliche „Vertretungen“ aufzwingt, denn dies wird den Faschismus nicht schlagen! Ähnlich steht die Frage mit den unterschiedlichen antifaschistischen Bündnissen. Sie alle werden über kurz oder lang Niederlagen erleben und innerhalb der ArbeiterInnenklasse für weitere Demoralisierung und Desorganisierung sorgen, solange sie prinzipienlos sind und sich nicht hauptsächlich an die einzig konsequent revolutionäre Klasse wenden: das Proletariat, das allein die Kraft und historische Perspektive besitzt, die führende Rolle in der Zerschlagung des Faschismus anzunehmen.
So wie es sich mit Reformismus und Revisionismus verhält, so ähnlich verhält es sich auch mit Sektierertum und „Links“opportunismus. Auch hier wird darauf verzichtet auf Basis von Prinzipien in die Massen zu gehen und die fortgeschrittensten Kräfte des Proletariats zu organisieren, wie es die wissenschaftliche Ideologie des Proletariats, der Marxismus-Leninismus-Maoismus, von den KommunistInnen verlangt. Neben viel Verbalradikalität werden beispielsweise Losungen wie „Den Faschisten in die Goschn hauen!“ aufgestellt, was jedoch auf Parolen bezogen so nicht den Aufgaben organisierter politischer Kräfte entspricht. Denn auch wenn der tätlichen Auseinandersetzung mit faschistischen Kräften nicht aus dem Weg gegangen werden darf und sie von kommunistischen Kräften auch gesucht werden muss, so besteht die Aufgabe politischer Organisationen doch in deutlich mehr, als den Faschisten nur in „die Goschn zu hauen“. Dass solche Losungen von politischen Kräften die sich selbst als kommunistisch verorten aufgestellt werden, ohne hingegen Perspektiven für den organisierten politischen Kampf zu weisen, ist bloße Anbiederung an militante antifaschistische Initiativen aus den Massen. Politische Organisationen haben im Marxismus aber die wesentliche Aufgabe das politische Niveau der Klassenkämpfe, des Proletariats, zu heben und weiterzuentwickeln, nicht es dadurch zu hemmen, indem man an einfachsten Formen der Spontaneität festhält.
Nur der Volkskrieg zerschlägt den Faschismus!
Der Faschismus ist, wie oben festgestellt, die „Macht des Finanzkapitals selbst“. Sein Kern ist also die Machtfrage, die zwischen Proletariat und Bourgeoisie entschieden wird. Ebenso muss die Machtfrage auf Seiten der Proletariats und der Massen mit aller Klarheit entwickelt und aufgestellt werden. Nur wenn im Zentrum breiter antifaschistischer Bündnisse in dieser Frage Klarheit besteht, können diese Bündnisse ihre Rolle erfüllen, das Proletariat im Kampf gegen den Faschismus organisieren und dessen Bündnispartner in eben diesen Kampf hineinziehen, nicht zuletzt gerade deswegen stellte die Kommunistische Internationale fest: „Der Faschismus wird nur im revolutionären Kampf geschlagen!“.
Die Richtigkeit dieser Annahme zeigt sich auch historisch. So gab es nicht nur Niederlagen des Faschismus gegen die alliierten Mächte, sondern auch gegen die selbstständig kämpfenden Volksmassen: In Griechenland wurde ein Großteil des Landes (rund 80 Prozent) von Partisanen befreit, in Albanien und Jugoslawien vermochten es Partisanenarmeen den Faschismus niederzuschlagen und in Italien wurden über 270 Städte im ganzen Land von den Partisanen im bewaffneten Kampf gegen den Faschismus befreit. All das gegen den Nazifaschismus und das faschistische Regime Mussolinis. Nicht unerwähnt bleiben darf jedoch auch der heldenhafte Kampf jener Kommunistischen Parteien und revolutionären AntifaschistInnen, die aufgrund ihrer Schwäche nicht in der Lage waren einen umfassenden Partisanenkrieg zu entfalten, wie beispielsweise die damals noch kommunistische KPÖ, deren Einsatz und Heldenmut gegen den Faschismus sich schon in den antifaschistischen Kämpfen des 12. Februar 1934 zeigte, in denen die KPÖ trotz schlechter Bedingungen (Stärke der Sozialdemokratie, eigene politische Schwäche, etc.) aufrecht in den bewaffneten Auseinandersetzungen stand.
Was in diesem Kontext der antifaschistischen Massenkämpfe in Debatten in Europa jedoch oft unerwähnt bleibt, ist die Frage nach der Niederlage der zweiten faschistischen Großmacht im Zweiten Weltkrieg: Japan. Diese faschistische Macht wurde durch die chinesischen Massen in einem Volkskrieg besiegt. Fanden in Europa großartige Partisanenkämpfe statt die in mancher Hinsicht dem Volkskrieg ähnlich waren, wurde der japanische Faschismus in einer Auseinandersetzung geschlagen, die auf Seiten der KommunistInnen und RevolutionärInnen mit der höchstentwickelten Theorie des revolutionären Kampfes geführt wurde, der vollständigen Militärtheorie des Proletariats: dem Volkskrieg! Dies hatte zur Folge, dass nicht nur die faschistische Macht geschlagen wurde, sondern nach dem Sieg auch die Neue Demokratie und der Sozialismus aufgebaut werden konnten (bis zur Konterrevolution 1976), was in den Ländern Europas wo ein Partisanenkampf geführt wurde, nicht möglich war. In Griechenland und Italien konnten die Imperialisten ihre Herrschaft in ein neues Gewand kleiden, in Jugoslawien und Albanien entwickelten sich relativ rasch revisionistische Regimes.
Die konsequenteste Niederlage wurde dem Faschismus durch Massen im Volkskrieg beigebracht. Heute herrschen in der antifaschistischen Bewegung jedoch oft Pazifismus und Passivität vor, die Frage der Macht wird allzu oft konsequent umgangen und der antifaschistische Kampf auf einzelne politische Momente und tagespolitisches Geschehen reduziert. Diesen Umstand nur zu kritisieren ist leicht, beantwortet aber noch nicht die dringenden Fragen, wie dem antifaschistischen Kampf reale Perspektiven und eine Grundlage für zukünftige Siege gegeben werden kann. Ein positives Beispiel wie der Kampf geführt werden kann, ist heute der Volkskrieg in Indien, welcher unter neudemokratischer und sozialistischer Perspektive dem hindufaschistischen Staat schwere Schläge versetzt. Auch hier in Österreich ist es die Aufgabe der fortgeschrittensten Kräfte der ArbeiterInnenbewegung, eine korrekte Strategie zu entwickeln, das bedeutet die Linie der sozialistischen Revolution für die Verhältnisse in Österreich zu konkretisieren, wobei alle konsequenten, revolutionären antifaschistischen Kräfte gefordert sind, sich so zu organisieren, dass sie dieser Aufgabe dienen können. Wird die Aufgabe der Strategieentwicklung gemeistert, kann in der antifaschistischen Bewegung eine richtige Taktik hervorgebracht werden. Der Antifaschismus in Österreich braucht eine klare, klassenbezogene Strategie, ansonsten werden ihm, bei allen taktischen Winkelzügen, weiter Niederlagen durch die Bourgeoisie beigebracht werden.

No comments:

Post a Comment