Am 15. Februar fand in Hamburg die Wahl zur Bürgerschaft statt. Im Vorfeld fand eine massive Wahlkampagne der bürgerlichen Parteien statt, die die Kosten mehrerer hunderttausend Euro nicht scheuten, trotz der vergleichsweise kleinen Wahl. Gegen das Wahlspektakel entfaltete sich ein kraftvoller Wahlboykott. Das Hamburger Stadtbild war geprägt von zerstörten, beschädigten, beklebten und bemalten Wahlplakaten. Während der Wahl manifestierte sich der Hass der Massen gegen die bürgerlichen Wahlen immer wieder. Laut offiziellen Berichten wurden während der Dauer der Wahlkampagne mindestens 1500 Wahlplakate zerstört oder beschädigt. Damit hat sich die Zahl der zerstörten Wahlplakate seit der letzten Bürgerschaftswahl (779) fast verdoppelt. Besonders Eindrucksvoll ist dabei, dass an einem Wochenende im Stadtteil Ottensen die Straße Bleickenallee komplett entplakatiert wurde. An dieser Stelle sprechen wir allen die deswegen von Repression betroffen sind unsere Solidarität aus, es gilt: Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.
In vielen Arbeitervierteln Hamburgs tauchten Plakate auf, die aufforderten „Geht nicht wählen, sondern kämpft und wehrt euch!“. Graffiti mit der gleichen Parole waren ebenfalls zu finden. Hunderte Flugblätter wurden verteilt, auf Demonstrationen, an Bahnstationen und in Fußgängerzonen von der einzigen uns bekannten politischen Kraft, die eine organisierte Kampagne durchgeführt haben:
„Geht nicht wählen!
Wieder einmal ist es so weit, die Herrschenden betteln in Hamburg
um ihre Legitimation. Überall auf den Straßen blicken uns die
Fratzen von Menschen entgegen, die wir noch nie gesehen haben oder
die wir hassen. Sie alle versprechen uns das Blaue vom Himmel. Dinge,
die wir schon hundert mal gehört, aber noch nie gesehen haben. Bei
manchen von ihnen ist es auch offensichtlich, dass sie uns nichts
gutes wollen. Doch alle wollen sie letztendlich das Gleiche von uns,
unsere Stimme bei der anstehenden Wahl. Der Staat ist mittlerweile so
verzweifelt, sogar die Mülleimer fordern uns inzwischen zum wählen
auf. Und wie wird es nach der Wahl aussehen? Alles wird beim Alten
bleiben und die ganzen Versprechen landen ebenso im Müll. Und die
Gründe dafür, werden sie sagen, würden wir sowieso nicht
verstehen, das sei Realpolitik. So wiederholt sich die Wahlfarce alle
paar Jahre.Doch was wollen alle diese Heuchler, wenn sie sich gar nicht um unsere Interessen kümmern? Sie wollen das menschenverachtende System des Imperialismus, das die ganze Welt für die überwiegende Mehrheit der Menschen zu einer Hölle auf Erden macht, erhalten und sie alle, jede einzelne der parlamentaristischen Parteien, egal ob AFD, SPD oder MLPD, dienen diesem System, auf die eine oder andere Art und Weise. Doch gleichzeitig funktioniert dieses System nicht ohne die Menschen die es tagtäglich unterdrückt, ausbeutet und ermordet. Darum wollen sie alle unsere Stimme, sie brauchen die Legitimation, sie brauchen diese Fassade der Freiheit, mit der sie die Realität der bürgerlichen Herrschaft verdecken. Und das vor allem auch im kleinen Maßstab, wie der Hamburger Bürgerschaftswahl, um den Menschen das falsche Vertrauen in den Parlamentarismus durch die „Nähe“ zu ihren „Vertretern“ einzupflanzen.
Der Imperialismus als Weltsystem macht auch vor Hamburg nicht halt. Als zweitgrößte Stadt in Deutschland spiegelt sich hier auch der Hauptwiderspruch auf Weltebene, der zwischen Imperialismus und unterdrückten Nationen, wieder. Die verschiedenen Kämpfe von Flüchtlingen in den letzten Jahren zeigten dies sehr deutlich. Um diese Bewegungen zu zerschlagen leisten alle parlamentarischen Parteien eifrig ihren Beitrag. Sei es durch die direkten Angriffe oder durch die noch schädlichere Überzeugungsarbeit, Vertrauen in den Parlamentarismus und den Rechtsstaat zu setzen. Wozu dieses Vertrauen führt sehen wir hier auch: außer Lügen und Verrat wird gar nichts erreicht. Statt einen Kampf zu führen, der eben jenes System angreift und beseitigt, das die Schuld an der Situation der Flüchtlinge trägt, wird von parlamentarischen „Unterstützern“, die diese Situation zusätzlich für den Wahlkampf ausnutzen, lieber auf Kampagnen gesetzt, die über Sonderregelungen und Betteln eine einmalige Lösung bringen sollen. Das Ziel dieser Kampagnen ist mehr als offensichtlich, der Konflikt darf nicht ausgetragen werden, und schon gar keine wirkliche Änderung herbeiführen, das System muss bestehen bleiben. Die nächsten Flüchtlinge, die es schaffen, das Massengrab Mittelmeer zu überqueren, stehen hier wieder im Regen, und diese „Unterstützer“ können sich wieder als Menschenretter inszenieren.
Diese sogenannte „Flüchtlingsproblematik“ ist nicht zufällig auch in Hamburg immer wieder Wahlkampfthema. Die ständige geheuchelte Unterstützung für Flüchtlinge, und gleichzeitig dem angeblich einfach unlösbaren Problem, Unterkünfte für diese bereitzustellen, obwohl es hunderte freier Wohnungen in der Stadt gibt, zeigen den Widerspruch sehr deutlich. Die Herrschenden dürfen dieses Problem nicht lösen, sie brauchen die Spaltung der Arbeiterklasse in deutsche und migrantische Arbeiter, um sie beide in der Knechtschaft halten zu können. An diesem Beispiel sehen wir, wie der Imperialismus mit den Opportunisten und Revisionisten Hand in Hand geht.
Auch der Kampf der Jugendlichen gegen die Polizei in Mümmelmannsberg im Oktober 2014 oder die Einrichtung der Gefahrengebiete in St.Pauli und Altona im Januar 2014 zeigen uns, wie sehr sich die Widersprüche des deutschen Imperialismus zuspitzen, wie brüchig die Fassade der Freiheit ist und es wird deutlich, dass dieser kein ruhiges Hinterland haben wird, während er seine Aggression gegen die Völker der Welt immer weiter verschärft.
Als Revolutionäre lassen wir uns vom Parlamentarismus nicht blenden. Er ist Teil des deutschen Imperialismus und dient dem deutschen Chauvinismus, darum lehnen wir ihn mit jeder Faser unseres Körpers ab. Die Versöhnung mit dem Parlamentarismus wäre zugleich eine freiwillige Unterwerfung unter den deutschen Imperialismus und wir kämpfen dafür, den Boykott der bürgerlichen Wahlen auszuweiten. Der Wahlboykott ist inzwischen zu einer Frage von Revolution und Konterrevolution geworden. Dieses System kann nur durch die revolutionäre Gewallt abgeschafft werden, so zeigt es die Geschichte. Das diese Erkenntnis den Volksmassen bewusst ist, sehen wir, wenn wir in die Welt blicken. Wir sehen die Volkskriege in Peru, Indien, der Türkei und den Philippinen. Wir sehen die Volkskämpfe in Brasilien und Bangladesch. Alle geführt von Kommunistischen Parteien. In vielen unterdrückten Ländern ist der Befreiungskampf sehr fortgeschritten, und der Boykott der Wahlen ist ein wichtiger und selbstverständlicher Teil davon. Die großartige Arbeit, die die Kommunistischen Parteien in den genannten Ländern leisten ist unser Vorbild und sie geben uns die Kraft, auch in diesem Land den Kampf für die Rekonstituierung der Kommunistischen Partei zu führen und den Weg der Revolution, der Befreiung, zu beschreiten.
Ausbeutung abwählen? Das klappt nie!
Boykott der Wahlen der Bourgeoisie!
Kämpft und wehrt euch!
Die Rebellion ist gerechtfertigt!
Kollektiv Rotes Hamburg“
Der Wahlboykott traf genau das Gefühl der Massen, so wie die Aussage eines Hamburger Arbeiters zeigt: „Ich war noch nie wählen und werde es nicht machen, bis ich tot bin“. Ein normales Gefühl der Massen, das seinen Ursprung auch in Hamburg in der zunehmenden Verarmung des Volkes hat. Seit 2011 ist der Anteil der armen Bevölkerung in Hamburg unter der Führung des SPD-Senats von 14,7% auf 16,9% gestiegen. Und das in der Stadt mit den meisten Euro-Millionären.
Auch eine von der Reaktion entfachte, groß angelegte Kampagne für die Wahl konnte die Ablehnung durch die Massen nicht besänftigen. Diese verteilte hunderttausende von Flyern und andere Arten von Wahlwerbung (z.B. Bäckertüten, Buttons, Servietten), beklebte Mülleimer, stellte Plakate auf, nutzte das Fahrgastfernsehen in den Bahnen und startete eine Social-Media-Kampagne. Doch all das konnte für die tiefsten und breitesten Massen keine Illusionen in die Wahlen der Bourgeoisie schaffen. Die offizielle Wahlbeteiligung lag am Ende gerade einmal bei 56,9%. Von 1.299.411 berechtigten Wählern wurden 713.675 gültige Stimmen und 22.456 ungültige Stimmen abgegeben. Rechnet man diese raus, dann liegt die Beteiligung mit gültigen Stimmen bei gerade einmal 54,9%. Bei einer Einwohnerzahl von fast 1,8 Millionen hat letztendlich nicht einmal die Hälfte der Menschen in Hamburg gewählt, obwohl dieses Jahr sogar schon ab 16 Jahren gewählt werden durfte. In Arbeitervierteln wie Billstedt erreichte die Wahlbeteiligung gerade einmal 28,8%, im Stadtteil Billbrook sogar nur 20,8%.
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