Artikel aus dem Klassenstandpunkt #1.
Die Situation der Frau in Deutschland
Als Erstes ist festzuhalten, dass unsere
Analyse der Situation der Frau in Deutschland ein kleiner Anfang und
noch lange nicht abgeschlossen ist. Denn zum Einen gibt es in der BRD
nach wie vor sehr große regionale Unterschiede. Zum Anderen ist diese
ausführliche Untersuchungsarbeit die Aufgabe der momentan in Deutschland
nicht existierenden Kommunistischen Partei und kann nur von ihr
zugenüge gemacht werden. Da uns keine eigene ausreichende Analyse
zugrunde liegt, arbeiten wir vorerst mit Zahlen der bürgerlichen Medien,
Wissenschaftler und Studien. Dabei müssen wir im Kopf behalten, dass
diese Zahlen teilweise widersprüchlich und immer geschönt sind, dass
lange nicht alles erfasst wird, z.B. sogenannte „Illegale“ Migrantinnen
und nicht gemeldete Vorfälle; so entsteht eine Dunkelziffer, die weitaus
höher ist. Dazu kommt, dass diese Statistiken, Zahlen, Aussagen und
Medien immer den Interessen der herrschenden Klasse dienen. Trotzdem
können wir, auf Grundlage der Ideologie des Proletariats, dem
MarxismusLeninismus-Maoismus, hauptsächlich Maoismus und anhand der
Zahlen und Aussagen, die uns zur Verfügung stehen, wichtige
Feststellungen machen. Wir werden einige hier präsentieren. Die
wichtigste ist, dass die Frau hier in Deutschland aktuell doppelt
unterdrückt und ausgebeutet ist. Und dass die bürgerliche Weltanschauung
über die Situation der Frau mit der Entwicklung des Imperialismus
zunehmend reaktionärer und die soziale, wirtschaftliche, politische und
ideologische Unterdrückung verstärkt wird, auch wenn der Imperialismus
sie auf viele Arten beschönigt und verschleiert.
Doppelte Unterdrückung und Ausbeutung
Die Frau ist vom Kapital und vom
Patriarchat unterdrückt und ausgebeutet, diese beiden Ausbeutungs- und
Unterdrückungsformen gehen Hand in Hand und sind unlösbar miteinander
verbunden. Konkret zeigt sich das
in Deutschland sehr deutlich, wenn man sich die ökonomische Situation
von Frauen anguckt. Frauen verdienen durchschnittlich mehr als 20%
weniger als Männer und arbeiten fünf mal so häufig – jede zweite
erwerbstätige Frau – in Teilzeit. Das heißt, Frauen, vor allem
Arbeiterinnen, sind auf einem weitaus höherem Niveau ausgebeutet und
unterdrückt als Männer.
Dazu kommt die unbezahlte
Reproduktionsarbeit, die zum größten Teil von Frauen geleistet wird.
Diese beinhaltet u.a. Hausarbeit, Kindererziehung und die Pflege von
kranken oder alten Familienmitgliedern. Ein riesiger Berg an Arbeit, den
Frauen zusätzlich zur Lohnarbeit bewältigen. Dass Frauen diese
Reproduktionsarbeit unbezahlt leisten, ist für das imperialistische
System und sein Fortbestehen notwendig. Denn so wird innerhalb der
Familie die Ware Arbeitskraft zu dem geringstmöglichen Preis
reproduziert. Der Preis, den die Frauen dafür bezahlen, ist weitaus
höher. In der ersten Grafik sieht man deutlich, dass die
Lohnunterschiede ab dem Alter, in dem Frauen Kinder gebären, steigen.
Hinzu kommt, dass Frauen besonders häufig in den sogenannten sozialen
Berufen arbeiten, welche sich durch auffällig schlechte Bezahlung und
erschreckende Arbeitsbedingungen auszeichnen. Schlechte Chancen eine
Festanstellung in Vollzeit zu bekommen werden häufig mit bestehender
oder möglicher Mutterschaft begründet. Andererseits bedingt sich die
Entscheidung, dass die Frau geringfügig arbeitet und mehr zu Hause ist
als der Mann durch die schlechtere Bezahlung und Gesetzen wie dem
Steuergesetz, mit dem Prinzip des Ehegattensplittings. Welches in seiner
Konsequenz dazu führt, dass der Ehepartner, der weniger verdient – also
meistens die Frau – so wenig wie möglich verdient, um die gemeinsam zu
zahlenden Steuern möglichst gering zu halten.Die
folgende Grafik aus der Broschüre „Frauen und Männer auf dem
Arbeitsmarkt – Deutschland und Europa“, 2012 vom Statistischen Bundesamt
herausgegeben, soll die beschriebene Problematik von Teilzeit und
Reproduktionsarbeit verdeutlichen. Die ökonomische Unterdrückung und
Ausbeutung und die unbezahlte Reproduktionsarbeit bestehen in
Wechselwirkung. Sie führen zum Einen zu ökonomischer Abhängigkeit der
Frau gegenüber dem Mann und manifestieren die patriarchalen Verhältnisse
innerhalb der Familie. Zum Anderen führen sie zur Isolierung der Frau,
denn die Reproduktionsarbeit verbannt die Frau in die Vier Wände des
Haushaltes. Die Entwicklung der Frau im Klassenkampf wird dadurch
gehemmt, dass sie sich nur im geringeren Maße am Produktionsprozess
beteiligen kann und ihre Zeit mit nervtötender und kraftraubender Haus-
und Erziehungsarbeit vergeuden muss.
Politische und moralische Unterdrückung
Auf die ideologische Legitimierung der
Unterdrückung der Frau, die sogenannte „Theorie der minderwertigen
weiblichen Natur“, werden wir in diesem Artikel nicht vertieft eingehen,
sie dafür in einem folgenden ausführlich behandeln. Sie ist Teil der
„Theorie der menschlichen Natur“ und versteht die „weibliche Natur“
sowie die „menschliche Natur“ im allgemeinen mit einer ewigen und
unveränderlichen Essenz. Der „weiblichen Natur“ wird noch das Adjektiv
„minderwertig“ hinzugefügt. Sie wurde seit Beginn der Ausbeutung von den
Ausbeuterklassen gepredigt, um zu belegen, dass die Frau, ihre
Unterdrückung und Vormundschaft, ein Produkt ihrer „natürlichen
Unterlegenheit gegenüber dem Mann“ sei. Mit dieser Pseudotheorie wurde
und wird versucht die Unterwerfung der Frau aufrechtzuerhalten und
„rechtzufertigen“. Wir lehnen diese idealistische Pseudotheorie und alle
ihre Ausdrücke von Grund auf ab und halten es für eine unumgängliche
Notwendigkeit sie zu bekämpfen. Die politische und moralische
Unterdrückung baut sich auf der Pseudotheorie der „minderwertigen Natur“
der Frau auf. In den Begründungen, die die bürgerlichen Medien für die
massive Ausbeutung der Frau auf ökonomischer Ebene liefern, sieht man
deutlich die reaktionäre bürgerliche Ideologie, die sich in der „Theorie
der minderwertigen weiblichen Natur“ ausdrückt: Frauen seien zu
bescheiden, mit weniger Gehalt zufrieden. Sie würden eine „falsche
Jobwahl“ machen, da sie „freiwillig“ in die schlecht bezahlten
„typischen Frauenberufe“ gingen. „Viele Frauen studieren lieber
Literatur als Ingenieurwesen, werden lieber Erzieherin als Facharbeiter“
(Spiegel 4/13, Artikel Gleichberechtigung Placebo-Politik) oder sie
hätten keine Lust auf Machtspiele. Die Benachteiligung durch die umsonst
geleistete Reproduktionsarbeit wird eher nebenbei genannt. In einem
Artikel „21.03.2013 Equal Pay Day– Zehn Gründe warum Frauen weniger
verdienen“ im Spiegel-Online 16.04.2012 finden wir auf Platz 8:
„Berufspausen: Großen Einfluss auf die
Höhe der Gehaltsunterschiede haben die beruflichen Unterbrechungen, die
Frauen einlegen, wenn sie in die sogenannte Familienphase eintreten,
also Kinder bekommen und großziehen. Sie erreichen deshalb keine so
lange Betriebszugehörigkeit wie Männer, der ein oder andere Bonus geht
flöten. Das Bundesfamilienministerium weist in seiner Entgeltstudie
nach, dass Frauen nach einer Babypause häufig nicht auf der gleichen
Gehaltsstufe wie früher beginnen. Sie werden zurückgestuft oder müssen
sich mit Teilzeitjobs und freiberuflichen Tätigkeiten arrangieren.
Forscher Bispinck: „Frauen in Teilzeit wird unterstellt, dass sie
weniger leisten.“
Zusätzlich wird Frauen Apolitismus und
Passivität anerzogen, was ihre Entwicklung zu Revolutionären verhindern
soll. Denn die Ausbeuterklassen haben schon früh gelernt, dass
Unterdrückung Widerstand hervorruft. Durch die doppelte Unterdrückung
und Ausbeutung haben Frauen doppelten Grund zu kämpfen. Die Geschichte
und die Gegenwart zeigen, dass Frauen im revolutionären Kampf immer eine
besondere Rolle gespielt haben und spielen werden. Dazu ein Zitat aus
dem Dokument „Der Marxismus, Mariátegui und die Frauenbewegung“: „Der
Fortschritt der Frauen war und ist der Fortschritt des Volkes. Aber sie
waren nicht passive Begünstigte, sondern Schwestern in Waffen,
entschiedene Kämpferinnen für die Sache der Unterdrückten und Militante
der ersten Reihe. Die Schützengräben des Volkes sind überall auch mit
der Farbe ihres unauslöschlichen Blutes gefärbt. […] Die Frau, im
Besonderen die aus dem Volke, ist eine revolutionäre Kämpferin. […] Die
Frau mit Klassenbewusstsein ist eine unermüdliche Kämpferin und eine
entschlossene Militante“.
Darum wird Frauen immer wieder versucht
weißzumachen, dass sie bereits emanzipiert sind, dass sie alle
Möglichkeiten, ein gleichwertiges Leben zu führen, haben. Dass sie, wenn
sie sich genug anstrengen, Familie und Karriere unter einen Hut bringen
können. Das alles zielt auf individuelle Lösungen und Reformismus hin.
Wir sehen in diesen Konzepten keine Ansätze für Lösungen, sondern das
Aufrechterhalten des bestehenden imperialistischen Systems. Wir sind der
Meinung, dass Lenin diesbezüglich die richtigen Worte formuliert hat:
„Die Vertreter aller Freiheitsbewegungen in Westeuropa fordern schon
seit langem, nicht erst seit Jahrzehnten, sondern seit Jahrhunderten,
die Abschaffung dieser veralteten Gesetze und die gesetzliche
Gleichstellung der Frau mit dem Mann. Aber keinem der demokratischen
Staaten Europas, keiner der fortgeschrittensten Republiken ist es
gelungen, dies zu verwirklichen, weil dort, wo der Kapitalismus besteht,
wo das Privateigentum an Grund und Boden, das Privateigentum an
Fabriken und Werken fortbesteht, wo das Kapital noch seine Macht ausübt,
die Privilegien der Männer erhalten bleiben“. (Lenin, Über die Aufgaben
der proletarischen Frauenbewegung in der Sowjetrepublik, S. 23f)
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