27 Februar 2014
Die Chancen für kranke Gefangene auf Haftentlassung haben sich
durch das im Januar 2013 erlassene neue Haftvollzugsgesetz, das ohnehin
nur für Straf-, nicht aber für Untersuchungsgefangene gilt, nochmals
verschlechtert. Hier heißt es nun: „Wenn aufgrund einer schweren
Behinderung oder Krankheit das Leben des Gefangenen durch die
Inhaftierung bedroht ist, kann die Haftstrafe ausgesetzt werden, soweit
festgestellt wird, dass der Gefangene keine Gefahr für die öffentliche
Sicherheit darstellt.“ Das bedeutet, dass dieses Gesetz für erkrankte
politische Gefangene, die meist nach den umstrittenen
Antiterrorgesetzen verurteilt werden, keine Gültigkeit hat. Neu ist
auch, dass eine Entlassung von der Beurteilung der gerichtsmedizinischen
Institute abhängig gemacht wird. Die Gerichtsmediziner in der Türkei
sind politisch nicht neutral, sie vertuschen Folterungen, ignorieren
fachärztliche Atteste qualifizierter Krankenhäuser und verschleppen die
Begutachtung von schwerkranken Gefangenen.
Menschenrechtsorganisation, Anwaltskammern und die Ärztekammer der
Türkei (TTB) kritisieren diese Praxis seit langem und oppositionelle
Abgeordnete haben bereits Gesetzesvorschläge für einen anderen Umgang
mit kranken Gefangenen vorgelegt. All dies wird von der Regierung
ignoriert. Staatspräsident Gül könnte von seinem Recht auf Begnadigung
Gebrauch machen, tut dies aber nur in den äußerst seltenen Fällen, in
denen es ihm opportun erscheint. Die politische Willkür in der Türkei
kennt keine Grenzen und kalkuliert tote Gefangene bewusst ein, obwohl
2002 die Todesstrafe abgeschafft und 2004 die Folter unter Strafe
gestellt wurde.
Die Inhaftierung schwerkranker Gefangener verstößt gegen das Recht
auf Leben und gegen das Folterverbot der Europäischen
Menschenrechtskonvention. Die Türkei wurde vom Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte viele Male wegen dieser Verstöße verurteilt.
Menschenrechtsorganisation und das Europäische Komitee zur Verhütung von
Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe
(CPT) müssen sich endlich mit der unerträglichen Situation der kranken
Gefangenen befassen, denn die Zeit läuft für viele von ihnen ab und wir
dürfen nicht abwarten, bis reihenweise Särge aus den Gefängnissen
getragen werden. Unterstützen Sie mit uns die Forderung nach Freilassung
der kranken Gefangenen in der Türkei!
Wenn Sie sich weiter informieren möchten, vermitteln wir Ihnen
gerne den Kontakt zu Ruhi Karadağ, der sich bis zum 18. März in
Deutschland aufhalten wird. Der Regisseur aus der Türkei engagiert sich
seit vielen Jahren in der Frage der kranken Gefangenen und erhielt 2012
für „Simurg“ den Filmpreis des Europarates (FACE).
Für weitere Informationen und Rückfragen stehen wir gerne unter der Nummer 069-84772084 zur Verfügung.
Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. www.civaka-azad.org // info@civaka-azad.org Bornheimer Landstraße 48, 60316 Frankfurt Tel.: 069/84772084, Mobil: 01573/8485818
AHM - ATIK Nachrichten Center
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